Die Katzenstadt am Meer

Der Zutritt zur Region Königsberg wurde gewährt, und nun auf zur Unterkunft. Die Durchquerung der Oblast von Osten her geht entlang einer der Hauptrouten von Eidtkuhnen (Чернышевское, Tschernischewskoje) über Insterburg (Черняховск, Tschernjachowsk, benannt nach einem siegreichen russischen General) Richtung Königsberg und weiter nach Cranz. Dieser Kurort ist das älteste Seebad an der Ostsee und daher besonders traditionsreich. In seiner modernen Gestalt der Ort Selenogradsk (Зеленоградск, „grüne Stadt“) und liegt direkt am Beginn der Kurischen Nehrung. Der Kreis (Rajon) Selenogradsk ist mit dem Kreis Pinneberg in Schleswig-Holstein verschwistert, jedoch ist der Partnerschaftsverein mit Selenogradsk mittlerweile aufgelöst. Hat dies vielleicht mit der derzeitigen Politik zu tun? Zumindest im Kreis Pinneberg, so war zu erfahren, wurde die Austauscharbeit schweren Herzens aufgegeben, nachdem angeblich von russischer Seite immer höhere Anforderungen an die Gastgeber gestellt wurden. So zumindest das unbestätigte Gerücht.

Es gibt einige alte, erhaltene Gebäude aus preußischer Zeit, die auch durchaus gepflegt werden, zudem greift die von den Russen erbaute Architektur in der jüngeren Zeit gerne traditionelle Architekturstile auf. So findet man im Ort durchaus Hochhäuser mit Fachwerkelementen oder Hausgiebel mit Verzierungen im Jugendstil. An diese Art der Bauten muss sich ein westeuropäisches Auge erst gewöhnen, jedoch zeugt es davon, dass die Russen dem traditionell deutschen Baustil etwas abgewinnen können, und dass sie es anscheinend mögen. Auch gilt die Oblast Kaliningrad bei Russen deshalb als beliebt, weil sie so typisch deutsch aussieht.

Aber auch etwas, das in jüngster Vergangenheit erst entstanden ist, ist der Ruf Selenogradsks als Katzenstadt. Überall in der Stadt sind Bilder und Skulpturen von Katzen zu sehen, in der lebendigen Kurmeile laufen viele lebendige und zutrauliche Katzen auf den Straßen rum. Sie werden von den Urlaubern viel gefüttert und gestreichelt. Worauf dieser Hype zurückgeht, ist mir nicht ganz klar, jedoch ist der Ursprung dem Vernehmen nach jüngeren Datums.

Moderner Kitsch: eine Katzenampel

Insgesamt scheint das Samland eine Urlaubsgegend für betuchtere Russen zu sein. Zumeist teurere Autos, oft SUVs der Marken Mercedes oder BMW verkehren auf den Straßen. Insbesondere in Neubaugebieten gibt es des Öfteren „Gated Communities“ mit Pförtner und Schlagbaum. Die Unterkunft, in der ich genächtigt habe, war noch einmal gesondert von einer locker 2 Meter hohen hohen Mauer umgeben und kameragesichert. Es war auf jeden Fall der sicherste Parkplatz für das Fahrzeug, mit dem ich angereist bin.

Die Straße vor der Unterkunft war die reinste Buckelpiste, es waren teils nicht einmal Bürgersteige ausgebaut. Die Unterkunft warb damit, 350 m von der Ostsee entfernt zu liegen. Dies war ohne Zweifel sachlich richtig, es musste nur vom Ende der Straße aus ein Bahngleis überquert werden. Auch dies wurde augenscheinlich regelmäßig bewerkstelligt von der lokalen Bevölkerung, jedoch gab es keinen erkennbaren Bahnübergang.

So musste ich dann mit aller gebotenen Umsicht die Gleise überschreiten, mein Faltrad geschultert, damit ich auf dem Schotter der Gleise einigermaßen beweglich blieb. Auf der gegenüberliegenden Seite waren Paletten ausgelegt, um den Weg einigermaßen zu ebenen. Nach dem Palettenstieg schloss sich ein neu gebauter Radweg längs des Strandes an, mit dem Weg nach Selenogradsk innerhalb von 20 Minuten gut zu schaffen war. Insofern war das Mobilitätsproblem vor Ort gelöst, und das Auto konnte stehen gelassen werden.

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