Bemalte Bushaltestelle bei Sołdany mit bärtigem Wanderer und Storch – Sinnbild für masurische Mythen und Natur

Wo der Wald flüstert und der Storch wacht – Begegnung mit dem alten Hüter Masurens

Auf der Busstrecke von Giżycko (dt.: Lötzen) nach Sołdany (dt.: Soldahnen), irgendwo zwischen wogenden Feldern, dunklen Wäldern und den stillen Wassern Masurens, hält der Wagen an einem Ort, der wirkt, als sei er einer anderen Welt entsprungen: Eine bemalte Bushaltestelle, klein und unscheinbar – doch ein Blick genügt, um zu wissen, dass hier etwas Besonderes wacht.

Ein alter Mann mit langem Bart, Umhang und Wanderstab steht gemalt inmitten blühender Mohnwiesen. Seine Augen scheinen durch das Grün zu blicken, hinaus auf die Hügel, über die ein Storch mit ausgebreiteten Schwingen fliegt. Wer ist dieser Wächter? Ein Zufallsprodukt eines Künstlers? Oder steckt mehr dahinter?

In den Geschichten dieser Region – tief verwurzelt in der slawischen und ostpreußischen Volksüberlieferung – kennt man Gestalten wie den Leszy, den uralten Waldgeist. Mit Bart, Stab und geheimem Wissen ist er der Hüter der Wildnis, ein Wesen zwischen Natur und Sage. Oder vielleicht ist es der Król Błota, der Sumpfkönig, der in den Mooren Masurens lebt und nur jenen erscheint, die achtsam reisen. Auch Boruta, der listige Geist der Wälder, könnte hier seine Spuren hinterlassen haben.

Der Storch über dem Feld ist kein Zufall: In Masuren gilt er als Bote zwischen den Welten – ein stiller Wächter der Dörfer, ein Sinnbild für Heimkehr und Wandel. Und so scheint es, als ob diese kleine Haltestelle mehr ist als nur ein Zwischenhalt:

Ein Tor zur Mythenwelt, ein Denkmal an das Unsichtbare, das uns auf Reisen begleitet.

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